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Mriidul ist aus Indien nach Berlin gezogen. In diesem Interview teilt Mriidul offen seine persönliche Geschichte und seinen Weg nach Berlin.

WO ARBEITEST DU?

Nach vier langen Monaten intensiver Jobsuche habe ich endlich eine Teilzeitstelle als Social Media Booster und freiberuflicher Content Writer in Berlin gefunden – ein Job, der Remote-Arbeit versprach, die Zusammenarbeit mit globalen Marken wie Netflix, KFC und Subway sowie eine Bezahlung von 27 € pro Stunde während der Einarbeitung. Klingt großartig, oder? Glaub mir, ich war überglücklich und habe sogar meine indischen Freunde gefragt, was ich ihnen von hier mitbringen könnte. Aber wie vielen Neuankömmlingen ist auch mir etwas passiert: Ich wurde betrogen. Es war ein Scam. Und so stand ich wieder da – zurück auf Jobsuche. Etwas enttäuscht, aber immer noch hoffnungsvoll. Vielleicht ist es an der Zeit, dass Talent Berlin mir eine Chance gibt? Ich verspreche: Ich bringe Charme, Können und eine sehr echte Berlin-Story mit (hehehe ... aber im Ernst: Stellt mich ein).

WARUM HABE ICH MICH FÜR BERLIN ENTSCHIEDEN?

Ich komme aus einer eng verbundenen indischen Familie, in der ein Auslandsstudium nicht nur ein persönlicher, sondern ein gemeinsamer Traum ist. Als Erste in meiner Familie, die höhere Bildung im Ausland anstrebt, trage ich die Hoffnungen meiner ganzen Familie in mir – und ja, das ist die Wahrheit. Nach meinem Bachelorabschluss und zwei Jahren Berufserfahrung als Social Media Manager und Sales Associate wusste ich, dass es Zeit war, mich weiterzuentwickeln. Deshalb habe ich mich für Berlin entschieden – wegen der perfekten Mischung aus Chancen und Kultur. Für mich fühlt sich Berlin bodenständig an, fast wie Zuhause. Die Stadt ist nicht nur ein kreatives Zentrum, sondern ein Ort, der Einfachheit und Ehrgeiz gleichermaßen willkommen heißt. Natürlich hätte ich auch an das Vereinigte Königreich, die USA oder Kanada denken können, aber Berlin fiel mir durch seine Authentizität und Menschlichkeit auf. Das war mir wichtiger als jede Rangliste. Ich bin nicht nur für mich hier, sondern auch für die Generationen vor mir, die diese Chance nie hatten, und für die nach mir, die nun daran glauben, dass sie es können.

WAS LIEBST DU AN BERLIN?

Es ist gar nicht so schwer zu sagen, was ich an Berlin am meisten liebe: Dieser Ort verlangt nicht, dass man sich verändert – er lässt einen einfach sein. Zuhause in Indien gibt es ein starkes Gemeinschaftsgefühl, aber auch viel Druck, sich in bestimmte Rollen zu fügen. Berlin fühlt sich wie das Gegenteil an: chaotisch und gleichzeitig ruhig. Ich liebe es, tagsüber in einem multikulturellen Klassenraum zu lernen und nachts allein durch die leeren Straßen zu gehen, während das Mondlicht meinen Weg weist. Es gibt hier nicht nur eine Art, „dazuzugehören“, denn Berlin ist für Unterschiede gebaut. Dieser Ort interessiert sich nicht für deinen Hintergrund – er gibt dir Raum zu wachsen und Luft zum Atmen.

“Berlin ist nicht einfach, aber es formt dich Schritt für Schritt zu jemandem, der alles meistern kann.”

WELCHE HERAUSFORDERUNGEN MUSSTEST DU BEWÄLTIGEN UND WIE HAST DU DAS GESCHAFFT?

Es sind gerade einmal vier Monate vergangen, und doch fühlt es sich an, als hätte ich ein komplett neues Leben gelebt. Zuhause in Indien wurde ich umsorgt – vom Essen bis zu den täglichen Aufgaben war alles geregelt. Jetzt in Berlin jongliere ich mit meinem Masterstudium, Deutschkursen, Einkäufen und häufigen Behördengängen. Kochen, Putzen, Budgetplanung – ja, all das habe ich gelernt. Essen zu bestellen, nur mit meinem einfachen Deutsch, fühlt sich an wie eine Bühnenaufführung. Und obwohl ich einen akademischen Abschluss mit Auszeichnung und zwei Jahre Berufserfahrung habe, ist es immer noch schwierig, hier einen Nebenjob zu finden. Es gibt Momente, in denen ich mich überwältigt fühle – nicht von der Arbeit, sondern davon, wie sehr ich mich verändert habe. Trotzdem halte ich an kleinen Dingen fest, die mich an Zuhause erinnern: Auch wenn es fertige Rotis gibt, knete ich jeden Abend meinen eigenen Teig, weil dieses weiche, frische Brot mich an meine Wurzeln erinnert. Das ist ein Stück meiner Identität – und daran festzuhalten, während ich etwas Neues aufbaue, ist meine Art zu wachsen.

WER ODER WAS HAT DIR BEIM EINLEBEN IN BERLIN GEHOLFEN?

Niemand nimmt dich hier oder irgendwo außerhalb deiner Heimat an die Hand – man lernt, die Dinge selbst herauszufinden. In meiner ersten Woche habe ich mich auf dem Weg zum Bürgeramt verlaufen. Google Maps half nicht, die Durchsagen waren auf Deutsch, und ich hatte niemanden, den ich anrufen konnte. Vielleicht war das der Moment, in dem ich wirklich „angekommen“ bin. Seitdem gehören YouTube-Videos und Fremde, die zurücklächeln, wenn ich um Hilfe bitte, zu meinem Überlebenspaket. Manchmal war es einfach eine freundliche Kassiererin, die langsamer sprach und mir den richtigen Weg zeigte. Meistens aber war es nur ich selbst: Jeden Tag aufzustehen und zum Unterricht zu gehen, nach langen Abenden noch zu kochen, meine Wohnung sauber zu halten und Sprachbarrieren zu überwinden – ich bin mein größtes Unterstützungsnetzwerk geworden. Ich wurde nicht mit offenen Armen empfangen, aber das hat mir beigebracht, immer wieder aufzustehen, wenn ich mich verloren fühlte.

WELCHE TIPPS WÜRDEST DU EXPATS GEBEN, UM SICH IN BERLIN LEICHTER EINZULEBEN?

Erwarte nicht, dass Berlin dir den roten Teppich ausrollt – aber wenn du geduldig bist, wird es dir mehr beibringen, als jedes Handbuch es könnte. Fang mit den langweiligen, aber entscheidenden Dingen an: Melde deine Adresse an (Anmeldung), eröffne ein Bankkonto und kümmere dich frühzeitig um deine Krankenversicherung – die deutsche Bürokratie wartet nicht auf dich. Lerne grundlegendes Deutsch; ein „Ich spreche nur ein bisschen Deutsch“ bringt dich oft erstaunlich weit. Tritt Studierendengruppen oder WhatsApp-Communities bei. Und vor allem: Nimm das Unbehagen an – die geschmacklosen Rotis, die verspäteten Züge und die zufälligen Tränen mitten auf einer leeren Straße – denn jede Herausforderung macht dich still und leise stärker. Berlin ist nicht einfach, aber es formt dich Schritt für Schritt zu jemandem, der alles meistern kann.